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Begriff zur Diskussion: die shrinking city oder schrumpfende Stadt

Publié le 30/01/2020
Auteur(s) : Daniel Florentin, maître-assistant à l'École des Mines Paris Tech - École des Mines Paris Tech, Institut Supérieur d'Ingénierie et de Gestion de l'Environnement.
Traduction :
Charlotte Musselwhite-Schweitzer, professeure des écoles (retraitée) - académie de Rennes

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Die Übersetzung « schrumpfende Stadt » umschreibt das Phänomen des städtischen Niedergangs nur unzureichend. Denn die schrumpfenden Städte mögen zwar ihre Einwohner einbüβen, können sich aber dennoch weiterhin ausdehnen. Eine Folge von negativen Spiralen kennzeichnet den städtischen Niedergang und erfordert ein Umdenken in der Stadtplanung, um neue Verwendungsmöglichkeiten und öffentliche Strategien zu entwickeln, und das alles im Umfeld eines unter Druck geratenen Städtebaus.

Voir l'original en français : « Notion en débat : shrinking city ». Publication en partenariat avec le site La Clé des Langues - allemand.

Dies ist die deutsche Übersetzung eines Artikels auf Französisch von 2016: "Notion en débat : shrinking city". Veröffentlichung in Zusammenarbeit mit der Website La Clé des Langues -allemand

Bibliografie | den Artikel zitieren | français | Deutsch

Die Sicht der Lehrer

Straβe in Liverpool in der Abenddämmerung. Foto : D. Florentin, 2008.

 

Der Ausdruck « shrinking city » ist einer dieser irreführenden Begriffe, deren wörtliche Übersetzung in « schrumpfende Stadt » oft nicht mit der beobachteten Wirklichkeit übereinstimmt. Der Schrumpfungsprozess einer shrinking city ist selten genug ein räumliches Phänomen : eine shrinking city kann sich durchaus weiter ausbreiten. Die Stadt Leipzig im ostdeutschen Bundesland Sachsen liefert da ein eindrückliches Beispiel : die heutige Bevölkerungszahl ist die gleiche wie die von 1918, erstreckt sich jedoch auf das Vierfache der damaligen Fläche.

Die Stadt Leipzig 1918-2016 : gleiche Einwohnerzahl, starke Ausdehnung
carte Leipzig perte population mais etalement urbain  

 

Die dunkle Seite der Globalisierung und die Spiralen des Rückgangs

Der Begriff bezeichnet de facto eine Verbindung von relativ bekannten Prozessen, die sich jedoch seit zwanzig Jahren neu verschärft haben. Er entspricht in gewisser Hinsicht der Kehrseite von Globalisierung und Metropolenbildung, der dunklen Seite derjenigen Gegenden, die ziemlich vernachlässigt worden sind. Eine shrinking city ist eine Stadt, in der über einen längeren Zeitraum hin mehr oder weniger stark ausgeprägte Prozesse zusammentreffen : Bevölkerungsrückgang und Konjunktureinbruch, oft noch gekoppelt mit einer Krise der öffentlichen Finanzen vor Ort. Die Verbindung dieser Prozesse führt häufig zu einer Verminderung der Dienstleistungen in den betroffenen Städten.

Diese Entwicklung ist besonders beeindruckend in den meisten Städten Osteuropas, welche oft sehr hart vom postsozialistischen Übergang getroffen wurden, und wo diese verschiedenen Prozesse zusammentrafen, sich gegenseitig verstärkten und so miteinander eine Art Abwärtsspirale bildeten. Eine solche Rückkopplungsschleife betraf Groβstädte wie Bukarest in Rumänien oder Brno in der Tschechischen Republik, wirkte sich jedoch stärker noch in kleinen und mittleren Städten aus. Im Osten Deutschlands haben manche Städte mehr als ein Drittel ihrer Bevölkerung in wenigen Jahren verloren, wie Frankfurt an der Oder an der polnischen Grenze, wo die Bevölkerung seit 1990 von 88 000 auf 58 000 Einwohner sank. Die zurückbleibenden Einwohner sind oft die älteren oder weniger mobilen Jahrgänge, was die sozialen und generationellen Unterschiede zwischen den shrinking cities und den anwachsenden Städten verstärkt. Das alternde Europa hat auch seine eigene Geographie, und die shrinking cities sind häufig die Städte der « Grauköpfe », wo die älteren Menschen verhältnismäβig überrepräsentiert sind.

Die Abwärtsspiralen, ein dauerhafter Prozess
spirales du déclin boucle de rétroaction cercle vicieux shrinking city florentin  

Eine Umsetzung dieses Prozesses in den Stadtlandschaften

Die Anhäufung dieser regressiven Dynamiken hat Folgen für den städtischen Raum gezeitigt : es entstehen Industrie- und Stadtbrachen, die Anzahl der leerstehenden Wohnungen steigt an, und diese Leerräume im städtischen Gefüge sind wie Löcher in einem Gewebe, sodass manche Raumplaner von der «perforierten oder durchlöcherten Stadt» sprechen. Eine shrinking city bildet so eine besondere Landschaft mit ihr eigenen urbanen Formen. In den Stadtvierteln von Liverpool um das legendäre Fuβballstadion Anfield zum Beispiel findet man nicht selten teilweise verlassene Straβenzüge mit ein paar bewohnten Reihenhäusern neben solchen, die zwar in gutem Zustand, aber zugemauert sind, schwarz beschriftet mit « gas off, electricity off » (Gas und Strom abgestellt).

Verlassene Häuser in einer Straβe von Liverpool in der Abenddämmerung

photographie Liverpool maisons murées

Zugemauerte Häuser

Rue de Liverpool photographie

Straβenzug von zugemauerten Häusern in Liverpool

photo Liverpool gas off elec off

« gas off, elec off »

Weniger sichtbare andere Auswirkungen der shrinking cities stellen den Normalbetrieb einer Anzahl von Einrichtungen in Frage, wie zum Beispiel die Wasser- und Energieversorgung. Deren Netzwerk ist nunmehr zu groβ geworden für die zu versorgende Bevölkerung. Die städtischen Dienstleistungsbetriebe müssen die zusätzlichen Ausgaben zur Instandhaltung der Netzwerke auf eine verringerte Zahl von Nutzern umlegen.

Der Rückgang einer Stadt betrifft diese jedoch nicht einheitlich, und in einer shrinking city kann man selbstverständlich einzelne hochattraktive Stadtviertel antreffen, wie beispielsweise in Liverpool um die Tate Gallery. Dort haben die Gemeindebehörden ein Ufer umgestaltet, und dieses Raumerschlieβungsprojekt um ein Schlüsselbauwerk, nämlich das Kunstmuseum Tate, ist ein voller Erfolg.

Die Tate Liverpool Gallery

tate gallery photographie source geograph.org.uk

Dieses Museum öffnete 1988 nach der Sanierung von ehemaligen Lagerhallen am Ufer in Liverpool. Bis 2003 war es das gröβte Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Groβbritannien auβerhalb von London. Quelle : geograph.org.uk

 

Neue Formen der Stadtplanung erfinden

Ein Teil der Untersuchungen zu den shrinking cities konnte aufzeigen, dass ein besonderes Kennzeichen dieser keineswegs neuartigen städtischen Rückgangsprozesse ihre Dauerhaftigkeit ist. Es geht hier nicht um ein kurzes Intermezzo in einem ansonsten stetigen Städtewachstum, es ist vielmehr eine neue langfristige Gegebenheit, der sich Stadtplanung und -gestaltung anpassen müssen und die auch die öffentliche Politik verändern dürfte, um sie dem neuen Umfeld anzupassen. Bestimmte Städte, am bekanntesten wurden Beispiele aus Berlin, haben so beschlossen, diese Wirklichkeit als eine « Chance » zu begreifen : neue Verwendungsmöglichkeiten des städtischen Raums werden gefördert, in Verbindung zum Beispiel mit alternativer Nutzung von Brachen durch Kunst-, Urban Gardening- und Solidaritätsprojekte usw., und es sind die öffentliche Hand oder auch die Bürgerinitiativen, die dies vorantreiben.

 


Bibliografie
Zusatzquellen

 

Daniel FLORENTIN
Lehrassistent an der « Ecole des Mines Paris Tech », Hochschulinstitut für Engineering und Umweltmanagement. Persönliche Seite (fr).

aus dem Französischen übersetzt von Charlotte MUSSELWHITE-SCHWEITZER
Professeure des écoles retraitée, académie de Rennes.

 

Webseitengestaltung : Jean-Benoît Bouron

Um diesen Artikel zu zitieren
Daniel Florentin, « Begriff zur Diskussion: die shrinking city oder schrumpfende Stadt », Géoconfluences, November 2016.
URL: https://geoconfluences.ens-lyon.fr/programmes/dnl/dnl-hg-allemand/schrumpfende-stadt-de
Pour citer cet article :  

Daniel Florentin, Traduction : et Charlotte Musselwhite-Schweitzer, « Begriff zur Diskussion: die shrinking city oder schrumpfende Stadt », Géoconfluences, janvier 2020.
https://geoconfluences.ens-lyon.fr/programmes/dnl/dnl-hg-allemand/schrumpfende-stadt-de